DGÄPC-STATISTIK 2023-2024
Grußwort
Zahlen, Fakten und Trends der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie
Sehr geehrte Damen und Herren,
unsere Patientenbefragung jährt sich zum 16. Mal. Sie ist die größte bundesweite Umfrage, in der die Patient*innen im Bereich der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie eine Stimme bekommen. Die DGÄPC Statistik macht es uns möglich, nicht nur die Behandlungswünsche der deutschen Patientinnen und Patienten darzustellen, sondern sie gibt ebenso Einblicke in verschiedene Motivationen und Einflussfaktoren rund um die gewünschten Behandlungen, was die Daten besonders wertvoll macht.
Seit über einem halben Jahrhundert steht der Name unserer Fachgesellschaft für qualitative Standards in der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie. Mit der DGÄPC Statistik möchten wir nicht nur seriös, transparent und objektiv über die Patientenwünsche berichten, sondern auch auf Entwicklungen aufmerksam machen, die ggf. auch die Patientensicherheit beeinflussen könnten. Denn kaum ein anderer medizinischer Zweig entwickelt sich so rasant wie der der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie. Die Branche unterliegt einem permanenten Wachstum und verbunden mit diesem kommen verschiedenste Probleme und Unsicherheiten auf die Patient*innen zu. Einhergehend mit einer veränderten Mediennutzung und der zunehmenden Einflussnahme der Sozialen Medien entstehen hier viele Problematiken, bei denen wir uns als Fachgesellschaft in der Pflicht sehen, sachlich darüber aufzuklären und auch fachpolitisch aktiv zu werden.
Denn die Wünsche der Patient*innen beruhen nicht nur auf klassischen Fehlbildungen, sondern sind eine Summe aus Einflüssen, die tagtäglich auf unsere Patient*innen einwirken. Deshalb beschäftigt sich die DGÄPC Statistik nicht nur mit den Behandlungswünschen, sondern auch mit der Entstehung dieser Wünsche.
Um Ihnen einen besseren Überblick bieten zu können, und zudem mehr Transparenz zu schaffen, finden Sie auch in diesem Jahr Vergleichszahlen der letzten Jahre zu allen erhobenen Bereichen sowie verlinkten Zusatzinformationen auf unserer Webseite.
Ich freue mich, Ihnen mit unserer 16. DGÄPC Statistik interessante Fakten und Einblicke in den Fachbereich der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie bieten zu können und hoffe, dass wir so zu einer offenen Diskussion beitragen.
Ihr
Dr. med. Helge Jens
Präsident der DGÄPC
Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie
Allgemeiner Hinweis:
Wenn Sie weitere Informationen oder eine Grafik wünschen, so nehmen Sie bitte mit unserer Pressestellt Kontakt auf:
Behandlungen 2024 im Ranking – Brust, Botox, Oberlid & Fillerbehandlungen sind die Lieblinge der Deutschen
Die TOP 5 Behandlungswünsche der deutschen Patient*innen sind, wenn auch mit einer etwas anderen Rangverteilung als im Jahr 2023, Oberlidstraffungen, Botulinumbehandlungen, Faltenunterspritzungen, Brustvergrößerungen und Fettabsaugungen.
Dabei steigen die Zahlen bei Botulinum- und Faltenbehandlungen mit Blick auf die Entwicklung der letzten sechs Jahre wieder leicht an. Dennoch können diese bei weitem nicht die Rekordzahlen aus den Coronajahren erreichen, was auch ein Hinweis auf die Umverteilung an Patient*innen im Bereich der Injektionsbehandlungen zur Hautverjüngung ist. Hier heißt es nach wie vor: Weg vom Facharzt, hinzu Beautyketten und günstigeren Anbietern. Immerhin zeigen die Zahlen, dass die Patient*innen bei größeren Operationen der Erfahrung und langjährigen Ausbildung von Fachärzt*innen für Plastische und Ästhetische Chirurgie vertrauen.
Weltweit belegt Deutschland Platz 5* bei brustchirurgischen Operationen wie Brustvergrößerungen mit Implantat oder Eigenfett, Brustverkleinerungen, Bruststraffungen und Implantatwechseln. In der Gesamtzielgruppe macht das im Jahr 2024 rund ein Drittel der Patient*innen aus (m/w/d). Spitzenreiter bei den Brust-OPs sind die Patientinnen unter 30 Jahren.
Top 5 Behandlungsmaßnahmen im Jahres-Vergleich
Patient*innen unter 30: Viele OPs, wenig Beautification
Zielgruppe unter 30 – Brustoperationen beliebter denn je
Auch 2024 führen die Brust-Operationen die Behandlungswünsche der jungen Zielgruppe unter 30 deutlich an. Mit zusammengezählt 52,1% machen diese über die Hälfte aller durchgeführten
Operationen aus.
Auf Platz 1 steht hierbei die Brustvergrößerung mit Implantaten mit 16,5 %, gefolgt von der Brustverkleinerung mit 14,9 % und der Bruststraffung mit 11,3 %. Platz 4 belegen mit einem leichten Anstieg zum Vorjahr Intimkorrekturen mit 7,1 %. Botulinumbehandlungen verzeichnen den größten Anstieg innerhalb der Patienten*innen unter 30. Von Platz 16 im Vorjahr mit 2,3 % finden sie sich nun auf Platz 5 mit 7,1 %. Auch im Bereich der Lippenkorrekturen steigen die Zahlen wieder merklich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass gerade die minimal-invasiven Therapien wie Botulinum- oder Faltenbehandlungen altersbedingt eher vorbeugend zum Einsatz kommen, da sich der Alterungsprozess häufig bei Menschen unter 30 optisch noch gar nicht bemerkbar macht. Lippenbehandlungen hingegen zählen zu den klassischen Beautification-Behandlungen und folgen vor allem einem Trend, der durch die Sozialen Medien gepusht wird.
U30 im Vergleich der letzten drei Jahre
Seit drei Jahren hält sich die Brustvergrößerung mit Implantaten auf Platz 1 der Top 5 bei den jungen Menschen. Allgemein sind es vor allem Brustoperationen die über die Jahre hinweg stark nachgefragt sind.
„In Rosenheim deckt sich die Nachfrage junger Patient*innen mit dem diesjährigen Ranking. Zwar kommen hier auch ab und an vor allem junge Frauen mit medial geprägten, übertriebenen Wünschen.
Der Großteil wünscht sich allerdings eher die Behandlung eines Problems, welches sie nicht allein beeinflussen können, wie ein krummer Nasenrücken, zu große oder zu kleine Brüste. Also nachvollziehbaren Wünschen auf dem Weg zu mehr Selbstbewusstsein.“
„In der Hauptstadt unterliegen wir sicherlich einer etwas anderen Nachfrage als z.B. in
ländlicheren Gegenden. Der Einfluss der Sozialen Medien bestimmt hier mehr als woanders die Wünsche der jungen Patienten und Patientinnen.
Da wir als seriös tätigte Fachärzte nicht jedem Wunsch nachkommen, finden viele Behandlungen, die der Veränderung von z. B. Gesichtsmerkmalen dienen, wie besonders ausgeprägte Wangenknochen und Russian Lips eher bei anderen Anbietern statt.”
Geschlechterverhältnis im Verlauf
Zwar entsteht häufig der Eindruck, dass immer mehr Männer den Weg zur ästhetischen Behandlung oder Operationen finden, aber die Zahlen der DGÄPC Statistik besagen etwas anderes.
Dieser Anschein entsteht vor allem dadurch, dass die Gesamtzahl der Patient*innen über die letzten Jahre gestiegen ist. Das bedeutet, dass sowohl mehr Männer, aber gleichzeitig auch mehr Frauen die Leistungen eines Facharztes/einer Fachärztin in Anspruch nehmen. Ein Blick auf die letzten zehn Jahre bestätigt dies – das Geschlechterverhältnis bleibt nahezu gleich.
Altersstruktur – Patient*innen werden immer älter
Auch wenn durch die Medien, insbesondere durch Social Media Kanäle, häufig der Eindruck entsteht, dass die Patient*innen immer jünger werden, steigt der Altersdurchschnitt über das letzte Jahrzehnt kontinuierlich an und liegt 2024 bei 44,3 Jahren. Dabei sind die meisten Patient*innen zwischen 31 und 50 Jahren (46,5 %)
Männer - Veränderungen über die Jahre
Im vergangenen Jahr waren den männlichen Patienten zwei Regionen besonders wichtig: Die Augen und die Brust. So erreichte die Oberlidstraffung zur operativen Entfernung eines Schlupflids einen Spitzenwert von 17,9 % und somit den höchsten Wert der vergangenen Jahre. Auf Platz 2 folgt die männliche Brustverkleinerung (Gynäkomastie). Ein Problem unter dem viele Männer leiden, da sie optisch für die Verweiblichung der Männerbrust sorgt und in den meisten Fällen auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen ist.
Auf Platz 3 landet die Fettabsaugung, Platz 4 belegt das Hals-Stirn-Face-Lifting und auf Platz 5 liegt die Faltenbehandlung.
Frauen – Spitzenreiter sind Brust-OPs und Gesichtsverjüngung
Es liegt in der Natur der Frau, dass die Brust als sekundäres Geschlechtsmerkmal gerade in der optischen Erscheinung eine sehr große Rolle spielt. Deshalb belegt Deutschland im weltweiten Ranking bei brustchirurgischen Operationen Platz 5*.
Am beliebtesten ist seit Jahren die Brustvergrößerung mit Implantaten, die im Jahr 2024 mit 11,4 % auf Platz 4 bei den Frauen in der Gesamtzielgruppe landet.
Bei den jungen Patientinnen unter 30 liegt sie auf Platz 1 mit 16,5 %. Dennoch sind es im Jahr 2024 vor allem die gesichtsverjüngenden Maßnahmen wie Botulinumbehandlungen (Platz 1 mit 14,8 %), Faltenunterspritzungen (Platz 2 mit 13,7 %) und das Oberlidlifting mit 11,4%, die die TOP 3 anführen.
Im Vergleich zu den Vorjahren sind die minimal-invasiven Gesichtsbehandlungen also wieder ein wenig mehr in den Fokus geraten. *Quelle: ISAPS Global Survey 2023
Generationen im Vergleich – Schönheitsideale vs. Falten?
Sicherlich sind von Jahr zu Jahr in der DGÄPC Statistik gewisse Konstanten vorhanden, da diese ganz einfach den Zeichen der Zeit unterliegen. Dennoch finden sich über die Jahre aber auch Trends, was zu großen Teilen auf das Einwirken von Außen zurückzuführen ist. Diese Einflüsse kommen zum einen aus dem privaten Umfeld und zum anderen sind sie auf das Mediennutzungsverhalten zurückzuführen. Dies erklärt auch, warum gerade jüngere Patient*innen stärker beeinflusst werden als die älteren Generationen (siehe auch S. 20).
Seit drei Jahren hält sich die Brustvergrößerung mit Implantaten auf Platz 1 der Top 5 bei den jungen Menschen. Allgemein sind es vor allem Brustoperationen die über die Jahre hinweg stark nachgefragt sind.
18 – 30 Jahre 31 – 40 Jahre 41 – 50 Jahre 51 – 70 Jahre 71 – 80 + Jahre
18 – 30 Jahre: Brust-OPs als Spitzenreiter, Lippe & Botox nehmen wieder zu
„Bei den jungen Patientinnen stelle ich häufig fest, dass diese gezielt nach Instagram oder TikTok Trends nachfragen. Gerade bei den unter 30-Jährigen stehen neben dem seit Jahrzehnten nachgefragten BrustOPs vor allem Babybotox und Lippenvergrößerungen auf der Wunschliste. Sie folgen damit einem medial geprägten Schönheitsideal.“
31 – 40 Jahre: After-BabyMaßnahmen und erste Falten
„Zwischen 30 und 40 machen sich nicht nur die ersten Falten bemerkbar, die meisten Frauen bekommen in diesen Jahren Kinder, nehmen stark zu und wieder ab und hormonell bedingt bilden sich neue Problemzonen. Das erklärt, warum Brust- und Bauchdeckenstraffungen sowie Fettabsaugungen bei dieser Altersgruppierung besonders gefragt sind.“41 – 50 Jahre: Verjüngungsmaßnahmen im Fokus – stärkster Zuwachs bei Botulinumbehandlungen
„Selbst wenn man gute Gene hat, macht sich der Alterungsprozess ab dem 40. Lebensjahr optisch bei nahezu fast jedem bemerkbar. Deshalb sind hier die eher kleineren Maßnahmen wie Botulinum- und Faltenbehandlungen sehr beliebt, weil sie einen guten Effekt erzielen. Auch genetisch bedingte Schlupflider verstärken sich durch den Elastizitätsverlust der Haut und auch das Herabsenken der Stirn. Daher sind Oberlidliftings sehr beliebt in diesem Alter.“51 – 60 Jahre & 61 – 70 Jahre: Gesichtsverjüngungsmaßnahmen bleiben Lieblinge
„Ab einem gewissen Alter unterliegt man weniger den medial gesetzten Trends, sondern eher dem, was das eigene Spiegelbild einem vermittelt. Deshalb sind Patient*innen ab 51 vor allem an gesichtsverjüngenden Maßnahmen interessiert. Mit steigendem Alter nehmen dann auch die operativen Maßnahmen prozentual zu. Denn wer sich bis 60 und älter noch keiner ästhetischen Maßnahme unterzogen hat, bei dem haben operative Verfahren, wie ein Facelifiting, meist den größten Effekt.“
71 – 80+ Jahre: Starker Zuwachs bei krebsartigen Veränderungen
In diesem Jahr gab es einen starken Anstieg bei den älteren Patient*innen bei der Behandlung von krebsartigen Hautveränderungen. Eine Zahl, die sicherlich über die kommenden Jahre weiter steigen wird. Die Haut hat ein Gedächtnis und die Summe an Sonnenschäden, der Gang zur Sonnenbank und ungeschützte UV-Licht-Aufnahme führen zu Krebsvorstufen wie weißem Hautkrebs und leider nicht selten auch zum gefährlichen schwarzen Hautkrebs. Plastische und Ästhetische Chirurg*innen haben dann die Aufgabe, das erkrankte Gewebe möglichst unauffällig, mit feiner Narbenführung zu entfernen.
Single oder in einer Beziehung? Das sind die Unterschiede bei den Behandlungswünschen
Auch in diesem Jahr befindet sich ein Großteil der Befragten in einer Beziehung und/oder ist verheiratet. Während bei den Singlefrauen die Brustvergrößerung mit Implantaten auf Platz 1 steht, findet man bei den verheiratenden oder in einer Beziehung lebendenden Patient*innen den Fokus bei kleineren Maßnahmen wie der Oberlidstraffung, Botulinumbehandlungen und Faltenunterspritzungen. Der größte Anteil an Singles ist, wie im vergangenen Jahr auch, in der jungen Zielgruppe unter 30 mit 66,2 Prozent zu finden.
Filler & Botulinumtoxin – Zwischen Beautyketten und Billiganbietern - Fachärzt*innen haben das Nachsehen
Zwar gab es im Jahr 2024 wieder einen Anstieg bei den Behandlungen mit Botulinumtoxin TypA und Fillern. Dennoch macht sich, wenn man die Entwicklung über die letzten sieben Jahre betrachtet, eine Patientenumverteilung im Markt bemerkbar.
Dies ist bei der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung ein absehbarer Zustand. Mit den weiterhin steigenden Lebenshaltungskosten, nimmt auch die Preissensibilität der Patient*innen zu. Davon profitieren vor allem Beautyketten, die zum einen gegenüber den kleinen, niedergelassenen Praxen, die Produkte in größeren Mengen und somit günstigeren Preisen einkaufen können. Zum anderen werben sie mit Dumpingangeboten und Specials für ihre Dienstleitungen .
„Nicht zuletzt bekommen wir immer wieder mit, dass bei eben diesen Anbietern häufig Ärzte angestellt werden, die direkt von der Uni kommen, und sich zum Ziel gemacht haben, sich auf die ästhetische Medizin zu spezialisieren – ohne Facharztausbildung und vor allem aber ohne jegliche Erfahrung“, mahnt Dr. Helge Jens, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Hinzu kommt die Unaufgeklärtheit der Patient*innen über die Qualifikation des/ der behandelnden Arztes/Ärztin.
Fokusthema: Fantasietitel und „Patientenfallen“
Bereits seit Jahren monieren Deutschlands große Fachgesellschaften für Plastische und Ästhetische Chirurgie immer wieder den Umstand der Irreführung von Patient*innen durch den Gebrauch von selbst verliehenen Expertentiteln, die die Qualifikation eines staatlich verliehenen Facharzttitels vortäuschen sollen. Hierbei wird eine Gesetzeslücke genutzt, die zwar genau vorschreibt, welche staatlich verliehenen Facharzttitel genutzt werden dürfen, aber nicht definiert, welche so ähnlich klingenden Fantasietitel nicht genutzt werden dürfen.
Auch wenn Fach- und Publikumspresse vermehrt sensibilisiert und aufklärend mit diesem Thema umgehen, sind die Zahlen über die Unkenntnis bei den Patient*innen nach wie vor sehr hoch. Immerhin kam es bei den unter 30-Jährigen Patient*innen zu einer leichten Verbesserung des Kenntnisstandes im Vergleich zu 2023. Hier hatten noch über 52,8 % nicht gewusst, worin der Unterschied zwischen einem Facharzt, Beauty Doc und Co. liegt.
Auch wenn Fach- und Publikumspresse vermehrt sensibilisiert und aufklärend mit diesem Thema umgehen, sind die Zahlen über die Unkenntnis bei den Patient*innen nach wie vor sehr hoch. Immerhin kam es bei den unter 30-Jährigen Patient*innen zu einer leichten Verbesserung des Kenntnisstandes im Vergleich zu 2023. Hier hatten noch über 52,8 % nicht gewusst, worin der Unterschied zwischen einem Facharzt, Beauty Doc und Co. liegt.
„Als Sinne für einer ästhetische Fachärzte mit fundierter Ausbildung und fachspezifischen Kenntnissen, sehen wir die auf dem Markt gebräuchlichen Betitelungen für Ärzte, die gerne im ästhetisch-plastischen Bereich Fuß fassen würden, aber nicht über die notwendige Facharztausbildung verfügen, sehr kritisch“, so Dr. Michaela Montanari, Mitglied des Vorstands der DGÄPC.
Dass der Markt der ästhetischen Behandlungen in Deutschland zu den Wachstumsmärkten zählt, ist kein Geheimnis. Und viele, gerade auch jüngere Ärzt*innen lockt die vermeintliche Lukrativität der Ästhetischen Medizin direkt ins Berufsleben einzusteigen, ohne vorab eine Facharztausbildung absolviert zu haben. Dabei hat die Kreativität an Eigenbetitelungen gerade im Ästhetischen Bereich kaum Grenzen – gepaart mit mangelnder Erfahrung, kann dies eine verheerende Mischung für die Patient*innen sein.
„Zurzeit beobachten wir verstärkt, dass sich Ärzte direkt nach dem Universitätsstudium „Arzt/Ärztin für ästhetische Medizin“ oder „Arzt/Ärztin für Ästhetik“ usw. nennen. Ohne Weiterbildungszeit, qualifizierende Zertifizierungen und ohne Prüfung. Dasselbe Phänomen kann beobachtet werden bei Ärzten, die in der Vergangenheit in einem vollkommen anderen medizinischen Fach eine Facharztausbildung absolviert haben, nun aber auch ästhetisch-plastische Behandlungen und Operationen anbieten“
Als Fachärztin/Facharzt darf sich nur bezeichnen, wer eine mehrjährige
Weiterbildung in einem bestimmten Gebiet absolviert hat und im Anschluss die dazugehörige Facharztprüfung bestanden hat.
Für den Bereich der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie, der Dermatochirurgie und der ästhetischen Dermatologie gilt das für die Fachärztinnen für Plastische und Ästhetische Chirurgie und die Fachärzt*innen für Dermatologie. Zusätzlich gibt es für andere Fachbereiche noch die Möglichkeit einer Zusatzweiterbildung für „Plastische Operationen“.
Hier können Fachärzte der Hals-Nasen-Ohren Heilkunde und der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie in einer 24-monatigen Weiterbildung die konstruktiven und rekonstruktiven plastischen und ästhetischen operativen Eingriffe und nicht-operativen Verfahren zur Wiederherstellung und Verbesserung der Form, Funktion und Ästhetik in der Kopf-Hals-Region erlernen und im Anschluss die Zusatzbezeichnung „Plastische Operationen“ führen. Des Weiteren können, abhängig von der gewünschten Behandlungsregion, auch folgende Fachärzte für einen ästhetisch-chirurgischen Eingriff qualifiziert sein:
Fachärzte*innen für Chirurgie mit dem Teilgebiet „Plastische Chirurgie“, Fachärzte*innen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Gynäkologie) für beispielsweise intimchirurgische Eingriffe oder Fachärzt*innen für Augenheilkunde für z.B. Oberlidkorrekturen und Filler- und Botulinumbehandlungen im Augenbereich.
Um allen Patient*innen mit Behandlungswunsch im ästhetisch-plastischen Bereich die Möglichkeit zu geben, sich bereits vor der Terminvereinbarung zu informieren, wurde gemeinsam mit anderen großen Fachgesellschaft des ästhetischen Bereichs eine Checkliste für Patient*innen erstellt.
Kennzeichnungspflicht Update – Beeinflussung Sozialer Medien hoch wie nie!
Die neuesten Zahlen der DGÄPC Statistik zeigen über die letzten vier Jahre sehr deutlich, dass die Beeinflussung der Sozialen Medien auf das Selbstbild eklatant ist. In diesem Jahr wurde der höchste Wert seit Abfrage bei der Verstärkung des Wunsches nach persönlicher Veränderung durch die Sozialen Medien verursacht.
Den drei großen Fachgesellschaften für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Deutschland DGPRÄC, VDÄPC und DGÄPC ist es nun Mitte 2024 gelungen, einen ersten Vorstoß zum Schutz junger Menschen zu erreichen. Dank einer gemeinsam eingereichten Petition und regem Austausch mit dem Petitionsausschuss, wurde das Anliegen nun im Deutschen Bundestag beraten und beschlossen, die Petition den Bundesministerien für Justiz und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu überweisen. Wann man sich innerhalb der Ministerien dem Thema widmen wird, ist allerdings ungewiss.
„Wir sehen es bei uns in den Praxen und Kliniken. Die Fälle von Selbstwahrnehmungsstörungen (Dysmorphophobie) nehmen weiter zu – mit teils sehr grotesken Wünschen und Vorstellungen auf Patientenseite“, so Dr. Alexander P. Hilpert, Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) und Initiator der Petition. Dabei könne eine Kennzeichnungspflicht bei der täglichen Auseinandersetzung mit idealisierten und unrealistischen Körperbildern und Gesichtern helfen, das Selbstwertgefühl zu schützen und auch psychischen Erkrankungen wie der Dysmorphophobievorbeugen. Denn auch das, so der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, zeigen die neuesten Zahlen: Die Sensibilität bei der jungen Zielgruppe unter 30 Jahren nimmt weiter zu. Knapp 60 % sprechen sich für eine Kennzeichnungspflicht digital bearbeiteter Bilder aus.
Das bewegt Patient*innen
Trotz erhöhtem Wunsch nach einer Kennzeichnungspflicht steigt die Beeinflussung durch die Sozialen Medien weiter.
In allen Alterszielgruppen können im Jahr 2024 die bisher höchsten Werte in Sachen Beeinflussung durch Soziale Medien festgestellt werden. Am stärksten hiervon betroffen sind vor allem die Altersgruppen, die sich vermehrt und mehrmals täglich mit Social Media Kanälen beschäftigen. Neben der Bestärkung des Wunsches nach persönlicher Veränderung, vermitteln Ärzteprofile hierbei im Empfinden der Patient*innen “Seriosität und Sicherheit” – dem entgegen steht die Unaufgeklärtheit darüber, ob man sich von einem Beauty Doc oder einem Facharzt behandeln lässt.
Rabatte, Specials, Vorher-Nachher-Bilder – Irreführung von Patient*innen
Immer wieder werden wir von Pressevertreter*innen, Patient*innen aber auch Kolleg*innen befragt, warum viele Ärzt*innen werblich sehr aktiv sind, mit
Specials, Rabatten und Vorher-Nachher-Bildern werben und andere wiederum nicht. Da die Themen Patientensicherheit und Aufklärung bei der DGÄPC sehr
zentral behandelt werden, gibt die DGÄPC Redaktion ein Update zu neuen Urteilen und rechtlichen Gegebenheiten, das mehr Klarheit schaffen soll:
Vorher-Nachher-Bilder sind verboten, auch für minimal-invasive Behandlungen
Vorher-Nachher-Bilder sind sehr begehrt bei den deutschen Patient*innen. Das belegen auch die Zahlen der diesjährigen DGÄPC Statistik.
Dennoch mehren sich hierzulande die Urteile, die eben diese verbieten – auch für minimal-invasive Behandlungen wie Faltenunterspritzungen. (OLG Hamm:
Urteil 29.08.2024 / Az. 4 UKl 2/24 I OLG Koblenz: Urteil vom 23.04.2024 / Az. 9 U 1097/23 I OLG Köln: Urteil 27.10.2023 / Az. 6 U 77/23) Allen Urteilen liegt das HWG (Heilmittelwerbegesetz) zugrunde. Denn Vorher-Nachher Fotos vermitteln den Betrachter*innen „Erfolg“ und beeinflussen die Entscheidungen der Patient*innen.
Es sind im Sinne des Patientenschutzes also weder Vorher-Nachher-Bilder mit realen Personen/Patienten, noch mit gezeichneten Personen/Avataren/Skizzen o.ä. erlaubt. Ausnahme bilden im Ausland ansässige Ärzt*innen und Kliniken. Diese fallen nicht unter das in Deutschland geltende HWG.
Auslands-OPs – Sparen am falschen Ende
Die Schlagzeilen „Botulismus nach Magen-Botox“, „Student tötet sich nach Bart-Transplantation“, „Mutter (34) von fünf Kindern stirbt nach Po-Lifting“ sind nur eine Auswahl, von wirklich tragischen Ausgängen nach Auslands-Operationen im Jahr 2024, die mit der Wahl eines/einer qualifizierten Facharztes/Fachärztin mit dazugehöriger Nachsorgen hätten verhindert werden können.
Die Mitglieder der DGÄPC bemerken schon seit Jahren einen Anstieg an
Revisionsoperationen nach missglückten Ästhetisch-Plastischen Operationen im Ausland.
„Sicherlich spielen die Behandlungskosten eine große Rolle, denn in Deutschland unterliegen plastisch-chirurgische
Operationen der Gebührenordnung für
Ärzte (GOÄ), und auf die rein ästhetischen Eingriffe muss eine Mehrwertsteuer von 19 % erhoben werden, was nur einen kleinen Spielraum bei der Preisgestaltung zulässt. Zudem bieten die Social Media Plattformen den Anbietern aus dem Aus- und Inland ganz neue Möglichkeiten, sehr leicht ihre Zielgruppe zu erreichen.“
Wer sich aber dennoch wegen einer Kostenersparnis für das Ausland entscheiden sollte, sollte auf der Suche nach einem/r qualifizierten Behandler*in vorher auf einige wichtige Punkte achten. Welche das sind, beantwortet Dr. Helge Jens in einem ausführlichen Interview:
- Arztauswahl – Woran kann ich erkennen, ob der gewählte Arzt/die gewählte
Ärztin seriös ist? - Woran erkenne ich im Beratungsgespräch, ob der Arzt der Richtige/die Ärztin die
Richtige für mich ist? - „All-in-one“-OPs – wie gefährlich sind sie für Patient*innen?
- Heimreise kurze Zeit nach einer OP – Welche Gefahren und Risiken birgt das?
• Wer übernimmt die die Haftung im Schadensfall? - Auch im Ausland gibt es qualifizierte Ärzt*innen – wie können Patient*innen
diese finden?
Erhebungsmethode
Über die Erhebungsmethode
Die Statistik der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie – kurz DGÄPC – ist eine der bundesweit größten Erhebungen der Interessen und Wünsche von Patient*innen im Bereich Ästhetisch-Plastischer Behandlungen und Operationen, denen sowohl eine medizinische Indikation zu Grunde liegt oder aber die rein ästhetischer Natur sind.
Bereits seit 16 Jahren führen die Mitglieder der DGÄPC diese Befragung unter ihren Patient*innen durch. Der Zeitraum der Erhebung umfasst dabei jeweils ein Jahr.
Der Fragebogen
Die Daten wurden mit einem stan- dardisierten Fragebogen erhoben, der den Patient*innen beim Besuch in einer Praxis oder Klinik eines DGÄPC-Mitgliedes vorgelegt wurde. Im Laufe der Jahre wuchs auch die Anzahl der abgefragten Behandlungs- und Operationsmethoden.
Daher sind rückblickende Vergleiche nicht für alle Behandlungsmethoden und Bereiche möglich. Die Befragung erfolgte bundesweit und anonym. Personenbezogene Daten wurden und werden nicht erfasst. Der Fragebogen kombiniert jährlich gleichbleibende Fragen mit neuen Fragen und Themenschwerpunkten.
Neben den soziodemografischen Daten, wurden auch der Behandlungsgrund bzw. -wunsch sowie die individuelle Motivation erhoben. Ergänzende Schwerpunkte in diesem Jahr waren Fragen zum Einfluss von Social Media und dem medialen Nutzungsverhalten sowie Fragen zu Motivationen für die Behandlungen.
Zu den Zahlen
Bei der Erhebung der Behandlungs- methoden kann es dazu kommen, dass die summierten Prozentzahlen 100 Prozent überschreiten, da einige Patient*innen nicht nur zu einer Behandlung oder Operation in der Facharztpraxis vorstellig werden. Ebenso kann es zu einer Unterschreitung der 100 Prozent in Summe kommen, da es hier seitens der Teilnehmer*innen immer wieder zu Enthaltungen bei den Angaben kommt.
Die Auswertung im Überblick
Erhebungszeitraum:
Oktober 2023 – Oktober 2024
Teilnehmeranzahl:
4023 Teilnehmer*innen
84,9 % Frauen
10,8 % Männer
0,2 % Divers
4,1 % keine Angabe
Alle Fragebögen der Patientenstatistik, wurden von Personen ausgefüllt, die zum ersten oder zum wiederholten Mal eine Beratung und/oder einen Termin bei einem niedergelassenen Facharzt für Plastische und Ästhetische Medizin vereinbart haben.