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Illegale Botox-und Filler-Behandlungen, Social Media und fehlende Qualifikation

Illegale Botox-und Filler-Behandlungen, Social Media und fehlende Qualifikation - Patientenfallen der Ästhetischen Medizin

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Illegale Botoxbehandlungen und Komplikationen nach Faltenunterspritzungen mit Fillern – immer mehr seriöse Investigativ-Formate nehmen sich der ernstzunehmenden Probleme eines mittlerweile für Patienten undurchsichtigen Markts an. Das hierbei unter anderem die Sozialen Medien ein ausschlaggebender Faktor sind, bestätigt die DGÄPC Statistik bereits seit Jahren. Im Jahr 2024 war die Beeinflussung das Selbstbild betreffend durch Social Media Nutzung so groß wie nie.

Egal ob der rbb, der ntv-Podcast „Wieder was gelernt –  Tödlicher Schönheitswahn“ oder jüngst der Beitrag von „Vollbild – Botox-Business: Undercover bei illegalen Beauty-Docs“ – alle machen auf die Gefahren eines leichtfertig vereinbarten Termins bei selbsternannten Beauty Docs, oder noch schlimmer, illegal tätigen Menschen ohne entsprechende ärztliche Qualifikation aufmerksam.

„Wir beobachten als Fachgesellschaft den Markt natürlich sehr genau und sehen mit zunehmender Sorge, dass es neben schlecht bis gar nicht ausgebildeten Ärzten, eine immer größere werdende Gruppe gibt, die Behandlungen illegal anbieten und durchführen. Neben der Tatsache, dass dies per Gesetz verboten ist, ist es mitunter sehr gefährlich für unwissende Patienten, die in diese Falle tappen“, warnt der Präsident der DGÄPC Dr. Helge Jens. Er und seine Kollegen setzen sich seit geraumer Zeit für einen Facharztvorbehalt für ästhetisch-plastische Behandlungen und Operationen ein.

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Dr. med. Helge Jens
Präsident der DGÄPC

Aufgrund der zunehmend illegalen Tätigkeiten sieht er Politik und ausführende Organe wie die Gesundheitsämter, die solch illegale Tätigkeiten zur Anzeige bringen, in der Pflicht zu handeln.

„Was häufig vergessen wird: auch ästhetische Behandlungen sind medizinische Eingriffe, die mit Risiken verbunden sind. Nur weil gerade die Sozialen Medien eine rosarote „To-go“- und „Lunchtimetreatment“-Welt kreieren, bedeutet das nicht, dass diese Behandlungen nicht mit erheblichen Risiken verbunden sind.“ Für Dr. Jens sind vor allem die Sozialen Medien und eine mangelnde rechtliche Regelung für die Durchführung von medizinischen Beautybehandlungen schuld an dieser Entwicklung.

Mangelnde Qualifikation und keine gesetzliche Regelung verantwortlich für Komplikationen

Die Mitglieder der DGÄPC, die allesamt die langjährige Ausbildung zum Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie durchlaufen haben, sehen sich zunehmend Ergebnissen ausgesetzt, die andere, weniger erfahrene Kollegen oder im schlimmsten Fall illegale Behandler zu verantworten haben. Diese treten mit selbsternannten Titeln wie „Schönheitschirurg“, „Beauty Doc“ oder „Experte für Ästhetische Medizin“ auf und vermitteln Patienten dadurch Kompetenz. Das erlaubt eine Gesetzeslücke, die zwar genau vorschreibt, welche staatlich verliehenen Facharzttitel genutzt werden dürfen, aber nicht definiert, welche so ähnlich klingenden Fantasietitel nicht genutzt werden dürfen. Auch wenn Fach- und Publikumspresse vermehrt sensibilisiert und aufklärend mit diesem Thema umgehen, sind die Zahlen über die Unkenntnis bei den Patient*innen nach wie vor sehr hoch. 48,6 % der jungen Patienten unter 30 wissen laut DGÄPC Statistik 2024 nicht, worin der Unterschied zwischen einem Facharzt, Beauty Doc und Co. liegt.

„Die Sozialen Medien sind die Brutstätte für illegale Behandlungen im ästhetischen Bereich“

Ein weiterer Punkt, der in vielerlei Hinsicht zur Verunsicherung der Patienten beiträgt, ist die stark veränderte Mediennutzung. Kurzlebiger, mehrmals täglich konsumierter, teils stark bearbeiteter Content vermittelt nicht nur ein unreales Schönheitsideal. Es macht es Anbietern auch möglich, ihre Behandlungen sehr zielgerecht zu bewerben und schnell mit der jungen, beeinflussbaren Zielgruppe in den Kontakt zu treten.

„Die Sozialen Medien sind die Brutstätte für illegale Behandlungen im ästhetischen Bereich. Nirgends sonst kann man jungen Menschen so einfach Kompetenz vortäuschen“, weiß Dr. Jens aus eigener Erfahrung. Denn als Vater sieht er, wie leichtfertig auch seine Kinder mit Content umgehen, ohne diesen zu hinterfragen.

Im Sinne des Patientenschutzes braucht es laut der Fachgesellschaft klare rechtliche Regelungen für den Bereich „Facharztvorbehalt für ästhetische Behandlungen und Operationen“, eine Verschärfung des HWGs hinsichtlich werblicher Aktivitäten in Bezug auf medizinische Leistungen bzw. eine erhöhte strafrechtliche Verfolgung bei Verstößen, eine strengere Nachverfolgung von illegalen Handlungen, sowie eine Kennzeichnungspflicht für digital bearbeitetes Bild- und Videomaterial.

Dr. Jens macht deutlich: „Wenn wir verhindern möchten, dass sich der Bereich der illegalen und nicht fachgerecht durchgeführten Behandlungen immer weiter ausbaut, müssen nicht nur wir unseren Beitrag hierzu leisten, und immer wieder darauf aufmerksam machen, sondern die Politik muss in erster Linie handeln.“