Dr. med. Olaf Kauder im Berliner Abgeordnetenhaus über Faltenbehandlungen
DGÄPC Redaktion | Veröffentlicht am |
„Gefahren durch Kosmetikstudios und Heilpraktiker werden erheblich unterschätzt“
Berlin, 26. Juni 2019. Wie Pilze schießen in Berlin und in anderen deutschen Städten Kosmetikstudios aus dem Boden, die nicht nur Hautreinigungen, Wimpernverlängerungen, Waxing oder Maniküre anbieten, sondern bei ihren Kundinnen und Kunden auch Faltenunterspritzungen durchführen. Auch Heilpraktiker bieten immer häufiger Faltenbehandlungen mit Hyaluronsäure an. Laut der Fachgesellschaft der Fachärzte der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie werden die Gefahren für die Gesundheit, die von mangelhaften Behandlungen ausgehen, unterschätzt. Daher setzt sich die DGÄPC dafür ein, dass derartige Eingriffe nur von qualifizierten Fachärzten ausgeführt werden dürfen.
„Zum Schutz der Patienten gehören Faltenunterspritzungen unter Arztvorbehalt und Hyaluronsäurepräparate zur Injektion unter Rezeptpflicht gestellt.“ Diese Forderung brachte Dr. med. Olaf Kauder, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Berlin und DGÄPC-Mitglied, in seinem Vortrag im Juni bei den „Gesundheitspolitischen Dialogen“ der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus vor. Die Veranstaltung stand unter dem Thema „Gesundheit & Körperkult, Schönheitsoperationen, Tattoos und Piercing“ und warf die Frage auf, ob dieser Bereich einer strikteren staatlichen Regulierung bedarf.*
Behandlungsfehler können ernsthafte Komplikationen bis hin zur Erblindung nach sich ziehen
Kauder wies in seinem Vortrag darauf hin, dass bei den massenweise rabattierten Angeboten für Faltenbehandlungen auf dem Markt, etwa mit Hyaluronsäure, die Qualität nicht mehr gewährleistet sei. Die Gefahr gehe sowohl von nicht zugelassenen aber auch zugelassenen Behandlerinnen und Behandlern aus, die nicht die notwendige Qualifizierung aufwiesen. Die Verwendung von Hyaluronsäure durch Heilpraktiker und Kosemetikstudios sei kein Einzelfall, sondern gerade in Berlin ein Massenphänomen.
Zudem verwies Kauder auf Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz, wie etwa bei Botoxbehandlungen. So böten Heilpraktiker teils über ihre Webseiten Behandlungen mit Arzneimitteln an, die eigentlich verschreibungspflichtig seien und daher nur von Medizinern angewendet werden dürfen.
Auch sieht der Facharzt die Pflicht zur Aufklärung hinsichtlich der Risiken verletzt, die
aufgrund der mangelnden Qualifikation von Heilpraktikern und Kosmetikern nicht
ausreichend und damit nicht rechtswirksam erfolgen könne. Nebenwirkungen eines
solchen Eingriffs seien eben nicht nur, wie von dieser Seite teils behauptet, lokale
Rötungen, Wasseransammlungen oder Hämatome, die nach kurzer Zeit wieder abklingen.
„Wird Hyaluronsäure unsachgemäß in die Blutgefäße gespritzt, kann dies zu einer
arteriellen Embolie führen“, so Kauder. „Wenn ein Patient dann nicht sofort ärztlich
behandelt wird, drohen Komplikationen bis hin zur Erblindung.“
Er machte deutlich, dass zur Durchführung dieser Eingriffe fundierte Kenntnisse der dreidimensionalen Anatomie der Region einschließlich der Möglichkeit zur sofortigen Behandlung von Komplikationen, welche nur Ärzte erbringen könnten, erforderlich seien. „Zu einer solchen Behandlung bedarf es also etwas mehr als nur eines Heilpraktikerkurses.“
Die Gesundheitsämter sind gefordert
Aufgrund des hohen Risikopotenzials fordert die DGÄPC einen Ärztevorbehalt. „Faltenunterspritzungen gehören in eine Arztpraxis und nicht in irgendeinen Salon“, so Kauder. Neben dem Gesetzgeber nahm er auch die Behörden in die Pflicht, indem er schärfere Kontrollen von Heilpraktikern und Kosmetikstudios forderte. Aufgrund der personellen Kapazitätsgrenzen der Gesundheitsbehörden, die flächendeckende Kontrollen unmöglich machen, sprach er sich für eine Rezeptpflicht für Hyaluronsäure aus. So könne wenigstens der aktuelle massenhafte Missbrauch dieser Substanzen eingedämmt werden.
Trotz der höheren Kosten, die mit einer fachärztlichen Behandlung verbunden sind, glaubt er, dass sich Qualität durchsetzen solle. „Wir haben Verantwortung für die Menschen, die zu uns kommen. Sie sind nicht einfach Kunden, sondern Patienten.“ Vor allem gelte es auch, die junge Generation vor den Angeboten mancher Kosmetikstudios sowie vor den verfälschten Körperbildern in den sozialen Medien zu schützen, die den Schönheitswahn in diesen Altersgruppen förderten.
Zuden Patienteninformationen zum Thema Behandlung mit Botox und Unterspritzung mit Fillern
Mehr über unser Mitglied Dr. Olaf Kauder
* Die SPD Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin lädt einmal monatlich ihre Mitglieder, Experten und interessierte Bürger zu den „gesundheitspolitischen Dialogen 2019“ ein, um gemeinsam über Ideen, Projekte und parlamentarische Initiativen/Anträge zu sprechen. Die Veranstaltungsreihe wird von Thomas Isenberg, MdA sowie gesundheitspolitischer Sprecher und Vorsitzender des Arbeitskreises Gesundheit, Pflege, Gleichstellung der SPD-Fraktion organisiert. Die Veranstaltung vom 26. Juni stand unter dem Thema „Gesundheit & Körperkult, Schönheitsoperationen, Tattoos und Piercings“ und hatte damit Gesundheitsdienstleistungen im Bereich der Schönheit zum Gegenstand. Dabei ging es vor allem um den gesundheitlichen Verbraucherschutz sowie Risiken, die von unzureichender Hygiene, von Schadstoffen und von Komplikationen ausgehen. Auf dem Podium diskutierten Vertreter verschiedener Verbände und Organisationen, so der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastischen Chirurgie (DGÄPC), des Verbandes professioneller Piercer (VDP), des Bundesverbands Tattoo e.V. (BVT) sowie der Gesundheitsbehörden.