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Fakten-Check Botulinumtoxin: Was stimmt wirklich?

Berlin, 26. April 2021. Falten können stören – besonders im Gesicht. Manche Menschen leiden aufgrund von Falten, zum Teil so stark, dass das Selbstwertgefühl beeinträchtigt wird. Um dagegen vorzugehen, gibt es viele Möglichkeiten und noch mehr Produkte, die mit verschiedensten – teilweise aberwitzigen – Wirkungsversprechen arbeiten. Kosmetikprodukte können Falten höchstens temporär abmildern bzw. Faltenbildung minimal verzögern. Aus diesem Grund setzen Frauen wie auch Männer auf medizinische Behandlungen, wenn Falten geglättet oder dauerhaft eingedämmt werden sollen. Die bekannteste ist die Behandlung mit Botulinumtoxin, im Volksmund kurz Botox genannt.

In der jährlichen Patientenbefragung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) befindet sich die Botulinumbehandlung seit Jahren unter den Top 3 der am häufigsten durchgeführten Behandlung. Obwohl das so ist, existieren immer noch eine ganze Reihe von Mythen und Irrtümern rund um diesen Wirkstoff. Der wohl größte und weit verbreitetste Irrtum ist, dass es sich bei Botox um ein Schlangengift handelt. Tatsächlich ist es aber ein von Bakterien produziertes Eiweiß, dass als Medikament aufbereitet wird und in vielen verschiedenen medizinischen Bereichen eingesetzt wird. Am bekanntesten ist der Einsatz in der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie zur Minimierung von Falten. Doch das Mittel findet auch bei Migräne und starkem Schwitzen Anwendung.

Dr. med. Lutz Kleinschmidt, Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, sowie Leiter der Parkklinik Schloss Bensberg in Bergisch-Gladbach und Vorstandsmitglied der DGÄPC, prüft die sich am hartnäckigsten haltenden Meinungen und Fakten zum Thema Botox.

Botox kann entstellen und in andere Bereiche des Körpers wandern

Botulinumtoxin ist in kundiger Hand kein gefährliches Medikament. Die Verwendung erfordert allerdings eine fachgerechte Handhabung und Erfahrung. Wie bei jedem anderen Medikament kann es bei einer nicht fachgerechten Anwendung zu einer Überdosierung oder anderen Fehlern kommen. Gerade im Gesicht führt dies dann unter Umständen zu hängenden Augenlidern oder einem Absenken der Augenbrauen, wodurch eine Einschränkung der Sehfähigkeit möglich ist. Solche unerwünschten Effekte sind sehr selten und treten nur dann auf, wenn eine zu hohe Dosis eingesetzt oder falsch injiziert wurde. Zudem wirkt Botulinumtoxin nur im Injektionsbereich, es „wandert“ nicht durch den Körper. Umgekehrt bedeutet das, dass bei richtiger Anwendung durch einen erfahrenen Arzt ein Eingriff mit diesem Wirkstoff wiederum sehr sicher ist.

Botox lähmt die Muskeln

Das ist korrekt. Botulinumtoxin erzeugt eine vorübergehende Lähmung des Muskels und bewirkt, dass dieser nicht mehr beweglich ist. Da es kein Gegenmittel gibt, bedarf es einer fachgerechten Anwendung. Fachärzt*innen setzen das Medikament stets nur punktuell ein, sodass die Aktivität des Muskels sehr genau unterbunden wird.

Sofort glatte Haut

Ein glättendes Resultat ist nicht direkt nach der Behandlung sichtbar, sondern erst nach ein paar Tagen, da das Endergebnis von der Hautstruktur und Tiefe der Falten beeinflusst wird. Die Haut glättet sich mit der Zeit, wenn sie aufgrund der Muskellähmung nicht mehr bewegt wird. Bei besonders tiefen Falten oder bei einer Haut, die durch starke Sonneneinstrahlung geprägt ist, zeigt sich das gewünschte Resultat somit nicht unbedingt so schnell wie häufig erwartet. Der glättende Effekt der Haut zeigt sich bei sehr tiefen Falten in Verbindung mit dicker Haut unter Umständen erst nach mehrmaliger Behandlung. Daher gilt: Umso tiefer die Falte, umso länger kann es unter Umständen dauern, bis der gewünschte Effekt erzielt wird.

Es verursacht einen starren Gesichtsausdruck

Ein weiteres Vorurteil ist, dass die Anwendung von Botulinum automatisch einen starren und maskenhaften Gesichtsausdruck verursacht. Bei korrekter Anwendung durch einen Facharzt oder eine Fachärztin und ausführlicher Beratung, welcher Effekt wie stark erzielt werden soll, bleibt das Gesicht beweglich und die Mimik erhalten, wo es erwünscht ist. Die unbeweglichen bzw. „erstarrten“ Gesichter, in denen sich keinerlei Gefühlsregungen zeigen, sind auf nicht fachgerechten oder übermäßigen Gebrauch zurückzuführen.

Einmal gemacht, kann man nicht mehr aufhören

Es sind gerade solche negativen Beispiele, die zu der Annahme führen, dass Behandlungen mit Botulinumtoxin süchtig machen. Generell ist es falsch, bei Ästhetisch-Plastischen Eingriffen von einer Sucht zu sprechen. Einige Behandlungen erfordern eine regelmäßige Durchführung, um den gewünschten Effekt zu erzielen oder beizubehalten. Botox wird vom Körper nach drei bis sechs Monaten wieder abgebaut, frühestens dann wäre eine Auffrischung auf Wunsch möglich. Einen Dauereffekt gibt es nicht.

Wer früh anfängt, hat mehr davon

Das ist tatsächlich richtig und kein Irrtum: Im Bereich der Faltenbehandlung ist es tatsächlich ratsam, mit Behandlungen anzufangen, bevor sich Vertiefungen in der Haut zeigen. Durch das Abschwächen der Muskelaktivität wird die Faltenbildung verhindert. Anders als Hyaluron füllt Botox die Hautvertiefung allerdings nicht auf.

Botox darf jeder spritzen

Da gibt es nur eine ganz klare Antwort: Nein.

Botulinumtoxin ist ein rezeptpflichtiges Arzneimittel/Medikament und darf nur von einem Arzt oder einer Ärztin verabreicht werden. Es gibt auch Heilprakter*innen, die Behandlungen aus dem Ästhetisch-Plastischen Bereich anbieten, allerdings dürfen sie nur Hyaluron und nicht Botulinum verabreichen. Interessierte sollten bei der Arztwahl stets Wert darauf legen, dass es sich um einen Facharzt oder eine Fachärztin handelt, die eine Ausbildung und Erfahrungen im Bereich Ästhetisch-Plastische Chirurgie vorweisen kann. Bei Botulinum ist dies besonders wichtig, da für die Verabreichung von Botox eine Ausbildung oder Schulung nicht verpflichtend ist und somit von jedem Arzt oder jeder Ärztin angeboten werden kann – auch wenn dieser oder diese nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügt.